7. Elektrische Gefährdung und Erste Hilfe

Auswirkungen auf den Menschen

Die Haut und unser Körper bietet dem elektrischen Strom einen Widerstand. Dieser ist von folgenden Faktoren abhängig:

Der Körperwiderstand RK ist von der Berührungsspannung abhängig. Wird die Berührungsspannung UB größer, verkleinert sich der Hautwiderstand und der Körperstrom IK wird größer. Die Gefahr bei Berührung durch den Menschen erhöht sich. Die Bedeutung der Warnhinweise:

Gefahrensymbole

 

7.1. Physiologische Wirkung

Fließt elektrischer Strom durch den Körper, kann dies folgende Auswirkungen haben:

mitsubishi

Die dabei entstehende Wärmewirkung verursacht:

Beachte: Bereits ein geringer Körperstrom kann bei längerer Einwirkungszeit zum Herzkammerflimmern führen wodurch es zum Herztod kommt

 

7.2 Zeit-Stromdiagramm DC

DC-Diagramm

Gleichstrom (DC Direct Current)

Die Grafik zeigt, wie lange Gleichstrom den Körper durchfließen kann bis folgende Auswirkungen eintreten

  1. Üblicherweise keine Reaktion
  2. Üblicherweise keine schädlichen physiologischen Effekte
  3. Kein organischer Schaden zu erwarten, es können reversible Störungen der Impulse im Herz auftreten
  4. Zusätzlich schwere Verbrennungen, Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern

 

 

 

7.3 Zeit-Stromdiagramm AC

AC-DiagrammWechselstrom (AC Alternating Current)

Die Grafik zeigt, wie lange Wechselstrom den Körper durchfließen kann bis folgende Auswirkungen eintreten.

  1. Nicht spürbar
  2. Spürbar bis zur Muskelverkrampfung
  3. Muskelverkrampfung Atemschwierigkeiten
  4. Herzflimmern, Atemstillstand

Bei Stromunfällen muss immer ärztlicher Rat eingeholt werden!

Muskelverkrampfungen entstehen, wenn die Muskulatur von Strom durchflossen wird, welcher höher als der körpereigene Strom ist. Die Loslassschwelle wird erreicht, wenn der körpereigene Strom wieder wirkt.

7.4. Lichtbogenwirkung

Bevor die Stromquelle mit dem Körper oder auch mit Werkzeugen berührt wird ( trifft auch beim Wegziehen des Werkzeugs zu) kommt es zum Überschlag und der Stromkreis wird über den Lichtbogen geschlossen.

Lichtbogen

Unkontrollierte Lichtbögen entstehen durch Kurzschlüsse oder Fehlverhalten. Lichtbögen die durch Fehlverhalten entstehen nennt man Störlichtbogen. Diese erreichen Temperaturen bis 4000 °C. Dabei verdampfen Metallteilchen in Sekundenbruchteilen und werden herausgeschleudert.

 

Sekundärunfall

7.5. Sekundärunfälle

Sind Unfälle, die aufgrund ungewollter Reaktion zu stande kommen. Der kurzzeitige Stromfluss löst ein Muskelzucken aus. Der damit verbundene Schreck oder eine Schutzreaktion vor dem Lichtbogen kann zum Sturz- bzw. Stoßunfall führen. Die Stromstärken sind unterhalb der "Loslassgrenzen".

7.6. Netzformen

Netzform ist ein Sammelbegriff für die verschiedenen Arten der Erdverbindung eines Verteilungssystems in der Elektrotechnik. Man unterscheidet nach der Art der Erdverbindung:

Beim IT-System findet der gesamte Stromfluss zwischen den Leitern L1, L2, L3 statt. Auf Fahrzeugmasse (PE) liegt nur das spannungsfreie Gehäuse des Verbrauchers (Motor, Klimaanlage, Heizung, …). Kommt es zu einem Kurzschluss zwischen dem HV-System und der Fahrzeugmasse, wird HV-System sofort abgeschaltet.

Die Automatische Abschaltung im Fehlerfall erfolgt durch Sicherungen und Leitungsisolationsüberwachung.

Bemerkung zum Bild: Generator/Transformator entspricht im Kfz der Hochvoltbatterie in Verbindung mit der Leistungselektronik

 

7.7. Elektrische Gefährdung

Eine elektrische Gefährdung liegt vor, wenn unter Spannung stehende Teile direkt bzw. indirekt berührt oder unterschiedliche Potentiale überbrückt werden können und gleichzeitig

  • 25 V Wechselspannung ( effektiv) oder
  • 60 V Gleichspannung überschritten werden
  • der Kurzschluss-Strom an der Arbeitsstelle größer 3 mA Wechselstrom (effektiv) bzw. 12 mA Gleichstrom ist
  • die Energie mehr als 350 mJ beträgt

Die allgemeinen Schutzmaßnahmen sind grundsätzlich einzuhalten, wenn an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln gearbeitet wird.

Der Schutz von Personen gegen elektrischen Schlag muss aus zwei unabhängigen Schutzvorkehrungen bestehen.

Man unterscheidet grundsätzlich zwischen:

  • Basisschutz (Schutz gegen direktes Berühren) und
  • Fehlerschutz (Schutz bei indirekter Berührung).

Dies kann durch das Betriebsmittel selbst oder durch Anwendung von Schutzmaßnahmen beim Arbeiten erreicht werden.

Basisschutz
Fehlerschutz
Zusatzschutz

Schutz gegen direktes Berühren.

Schutz gegen indirektes Berühren.

Schutz bei direktem und indirektem Berühren.

Schutz vor Gefahren, die sich aus einer direkten Berührung mit aktiven Teilen ergeben.

Begrenzung der Ladung

Schutz vor Gefahren, die sich im Fehlerfall aus einer indirekten Berührung mit aktiven Teilen ergeben: Hindernisse, Abstände, Isolierung, Abdeckung

(Hauptsächlich RCD´s = FI-Schutzschalter)

Bei Versagen des Basis- und/oder Fehlerschutzes oder Sorglosigkeit des Benutzers

Schutzmaßnahmen

7.8. Schutzmaßnahmen

Mögliche Schutzmaßnahmen:

  • Durch automatische Abschaltung der Stromversorgung
  • Verstärkte oder doppelte Isolierung
  • Galvanische Trennung durch Trafo
  • Durch Kleinspannung mittels SELV1 oder PELV1
  • Potenzialausgleich

1SELV = mittels Trafo wird zum Schutz einer Person eine kleine Spannung verwendet.

1PELV = mittels Trafo wird eine kleine Spannung zum Schutz von elektronischen Baugruppen erzeugt.

Anmerkung:
Automatische Abschaltung ist die häufigste verwendete Schutzmaßnahme. (Grundlage: DIN VDE 0100, Teil 410)

7.9. BasisschutzBasisschutz

Aktive Teile müssen vollständig mit einer Basisisolierung abgedeckt sein, welche nur durch Zerstörung entfernt werden kann.

Diese müssen umhüllt oder abgedeckt sein.

Abdeckung

 

7.10 Erste Hilfe

Alle Personen, die an Hochvoltfahrzeugen arbeiten müssen einen Erste Hilfe Lehrgang mit Herz Herz-Lungen-Wiederbelebung erfolgreich absolviert haben.

Das Schema der Rettungskette zur Ersten Hilfe ist generell zu beachten. Bei Hilfeleistungen ist immer der Eigenschutz zu beachten. Vor der Rettung gilt:Rettungskette

  • Den Verletzten nicht berühren. Vor der Rettung zuerst Spannungsfreiheit der Anlage sicherstellen. Anlagen und Geräte müssen mit einem gegebenenfalls vorhandenen Not-Aus-Taster oder einer elektrischen Sicherung von der Stromversorgung getrennt werden. Das bloße Abschalten des Gerätes oder der Leitung stellt die Spannungsfreiheit nicht sicher.
  • Freiliegende, stromführende Kabel mit Hilfe nichtleitender Gegenstände (z. B. Besenstiel aus Holz) vom Verletzten wegziehen.
  • Bei Hochspannung großen Sicherheitsabstand einhalten, da ansonsten die Gefahr einer Lichtbogenbildung besteht. Steht Hochspannung am Boden an, entsteht ein Spannungstrichter.
  • Außenstehende warnen, damit keine stromführenden Teile berührt werden (Absperrungen einrichten).

Bei bewusstlosen Personen ist nach dem Abschalten der Stromversorgung die Atmung und Herz-Kreislauffunktion zu prüfen. Ist diese nicht gegeben Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführen. Falls verfügbar, kann dies mit einem öffentlich zur Verfügung stehenden Defibrillator erfolgen.

Bei Personen mit Brandverletzungen diese kühlen und mit einer keimarmen, nicht fasernden Wundauflage abdecken. Der Patient muss auch bei Wohlbefinden bis zum Ausschluss einer Herzschädigung beaufsichtigt bleiben. Die Überwachung mittels Elektrokardiogramm (EKG).erfolgt durch den alarmierten Rettungsdienst. Ist das EKG auffällig, muss die Person zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben.

Gefährdungsbeurteilung

Auch kleine Stromverletzungen sind zu dokumentieren.          Unfälle sind dem Vorgesetzten zu melden.

7.11 Dokumentation

Gefährdungsbeurteilung

Die Gefährdungsbeurteilung weist auf mögliche Gefährdungen im Umgang mit Hochvoltsystemen im Kfz-Bereich hin. Sie ist durch die verantwortliche Elektrofachkraft vorzunehmen, bei Veränderungen zu aktualisieren und zu dokumentieren.