Lehrlinge lernen beim Nachbarn
Gast aus Frankreich bei Mercedes Schäfer ­ Berufsschule organisierte Austausch

Quentin Catherine spricht noch nicht gut Deutsch, aber auf diese Frage hat er eine schnelle Antwort parat. Was gefällt ihm am besten hier in der Autowerkstatt? "Die Autos von Mercedes!" Der 18-jährige Kfz-Lehrling aus der Region von Nevers im Burgund verbringt gerade drei Wochen in der Werkstatt von Mercedes Schäfer in Königsbrunn. Von dort war schon der 20-jährige Julian Kraus zusammen mit einem Dutzend Kollegen aus der Berufsschule im Frühjahr in Nevers gewesen.

Organisiert haben den Austausch die Bebo-Wagner-Berufsschule in Augsburg und das Lycee Professionel in Nevers, das schon vor zwei Jahren mit der Idee in Augsburg angeklopft hatte. Wie Berufsschullehrer Lutz Fink, einer der Organisatoren auf deutscher Seite, erläutert, wollte man damit den Horizont der angehenden Kfz-Mechaniker erweitern und auch die Leistungsfähigkeit der Partner im deutschen dualen Ausbildungssystem ­ also der Berufschule und der Ausbildungsbetriebe ­ demonstrieren. Dieses zweigleisige System gibt es auch in Frankreich.

Partner bei diesem Austausch war jedoch ein Lycee Professionel, eine französische Besonderheit. Hier erhalten die Schüler eine umfassende Allgemeinausbildung, die sie zu einer Art Fachabitur führt, erläutert Lehrer Jacky Marsault, daneben aber auch eine praktische Ausbildung, die jedoch überwiegend in den verschiedenen Werkstätten der Schule stattfindet. Innerhalb von zwei Jahren müssen sie lediglich vier Monate Praktika in Betrieben absolvieren, die allerdings auch benotet werden.

Der stärkere Praxisbezug der deutschen Ausbildung ist auch Quentin rasch aufgefallen. "Es geht hier bei der Arbeit etwas schneller zu als in unserer Schulwerkstatt in Frankreich", erläutert er über die Dolmetscherin. Nicht zuletzt hat Quentin, der in Frankreich vor allem mit Pkws der Marke Citroen zu tun hat, bei Mercedes Schäfer die Größe und Sauberkeit beeindruckt.

Aus der Werkstatt von Mercedes Schäfer war Julian Kraus Ende Februar und Anfang März mit einem knappen Dutzend Kfz-Kollegen aus der Berufsschule drei Wochen in Nevers gewesen. Für ihn bedeutete dies den Wechsel von Mercedes zu Renault Trucks. Die technische Ausstattung der Werkstatt war nicht ganz so optimal wie er sie von Königsbrunn her kannte, erzählt er, Aber "in Frankreich läuft in der Werkstatt alles wunderbar, aber einfach entspannter." Das könne am etwas geringeren Arbeitsdruck liegen, meint er, aber sicher auch an der französischen Mentalität. Die sagt ihm ganz offensichtlich zu, er will jetzt weitere Ecken des Nachbarlandes kennen lernen.

So hat der Austausch sein Ziel, jungen Leuten neue Horizonte zu zeigen, sicherlich erfüllt. Für Firmenchef Peter Schäfer war es gar keine Frage, den Austausch einem seiner Lehrlinge anzubieten. Er selbst war 1988 als Lehrling zwei Wochen in Le Mans und nutzte ein Stipendium als Schwabens bester Kfz-Lehrling 1992 für einen einjährigen Einsatz in der Mercedes-Niederlassung in Nizza. Mit dem dortigen Service-Leiter verbindet ihn noch immer eine herzliche Freundschaft.

Von unserem Redaktionsmitglied Hermann Schmid

Bild: Firmenchef Peter Schäfer mit Austauschlehrling Quentin Catherine und Julian Kraus "In Frankreich läuft in der Werkstatt alles wunderbar, aber einfach entspannter."